Welche Technik eignet sich dafür, ein Passivhaus zu heizen?
Beim eigenen Haus geht es vielen Bauherren nicht nur um nackte Zahlen. Schließlich möchte man den eigenen Stil verwirklichen und die eigenen Vorstellungen vom Wohnkomfort umsetzen. Die Heizung spielt hier eine besonders wichtige Rolle, denn sie ist nicht nur für die – auch im Passivhaus notwendige – Zuführung von Wärmeenergie verantwortlich, sondern auch für die nötige Behaglichkeit. Doch längst nicht alle Heizsysteme, die der Markt bietet, sind sinnvoll für Ihr Passivhaus. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Heizungen sich für Passivhäuser durchgesetzt haben und wie Sie die beste Lösung für sich finden.
Inhaltsverzeichnis
Ein Passivhaus verspricht niedrigste laufende Kosten für die Energieversorgung, vor allem für das Heizen. Die Idee dahinter ist einfach: Die besonders gute Isolierung und Luftdichtigkeit sollen dafür sorgen, dass das Gebäude nur wenig Wärme verliert. Die Gebäudetechnik gleicht lediglich die nie ganz vermeidbaren Verluste aus. Dieses Vorhaben lässt sich nur mit hoher Qualität bei der Architektur, Gebäudehülle und Haustechnik realisieren. Allein mit der Nutzung neuester Technik ist es nicht getan. Bei einem Passivhaus ist die Abstimmung der verschiedenen Komponenten besonders wichtig.
Heizen mit minimalen Kosten: Der Passivhausstandard
Von außen können Sie ein Passivhaus nicht als solches erkennen. Das liegt daran, dass es sich bei diesem Haustyp nicht um eine spezielle Bauweise handelt. Stattdessen gibt ein anerkannter Standard anspruchsvolle energetische Grenzwerte vor, die ein Passivhaus erfüllen muss1:
- Jahresheizwärmebedarf geringer als 15 kWh/m2a
- Primärenergiekennzahl (Restheizung, Warmwasserbereitung, Lüftung, Haushaltsstrom) kleiner als 95 kWh/m2a
- Infiltrationsluftwechsel (Luftdichtigkeit) bei 50pa kleiner als 0,6/h
Was sagen die Kennzahlen eines Passivhauses aus?
Der Jahresheizwärmebedarf gibt Ihnen nur Aufschluss darüber, welche Wärmeenergie notwendig ist, um das Haus auf der gewünschten Temperatur zu halten. Weder Verluste der Haustechnik noch die Gewinnung und der Transport von Energie fließen in diesen Wert ein. Damit Sie den Grenzwert von 15 kWh/m2a unterschreiten, müssen Sie Wärmeenergie möglichst effizient nutzen und möglichst wenig Wärme verlieren.
In einem Wohngebäude treten Wärmeverluste vor allem in Form der Wärmeleitung der Bauteile und durch das Lüften auf. Bei der Wärmeleitung überträgt das Mauerwerk Wärme an die kältere Außenluft, beim Lüften entweicht die warme Raumluft direkt. Dagegen führen Sie als Bewohner und Ihre elektrischen Hausgeräte dem Gebäude Energie in Form von Abwärme zu. Nicht zu vernachlässigen ist die Erwärmung der Räume durch Sonneneinstrahlung, was hauptsächlich durch Fensterfronten auf der Südseite kommt.
Beim Jahresprimärenergiebedarf handelt es sich dagegen um ein Maß für die Effizienz der Anlagentechnik und die Nachhaltigkeit des Energieträgers. Daher fließt auch in die Betrachtung ein, wie effizient die Energie gewonnen, transportiert und in Wärme umgewandelt werden kann. Die Zahl bezieht sich aber nicht allein auf die Heizung. Sie erfasst auch den Energiebedarf für Warmwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom.
Zu einer vollständigen Beurteilung gehört ebenfalls die Luftdichtigkeit des Gebäudes. Ein Gutachter stellt diese in der Regel mit dem Blower-Door-Test fest. Er erzeugt im theoretisch luftdicht verschlossenen Gebäude einen definierten Unterdruck und zeichnet auf, mit welcher Rate der Druckausgleich stattfindet. Dreifachverglasung bei Ihren Fenstern und mehrfach aufgebrachte Dämmschichten sind nur zwei Beispiele, wie Sie den Wert optimieren können.
Gebäudetechnik von Passivhäusern
Bei der Planung und Realisierung eines Passivhauses gilt es, viele Anforderungen zu vereinen. Das stellt neben den Fachleuten auch die Bauherren vor Herausforderungen. Denn nicht nur technische Berechnungen und wirtschaftliche Faktoren spielen eine Rolle. Wer sich ein Eigenheim errichtet, hat meist eine genaue Vorstellung von Erscheinungsbild und Komfort. Hinzu kommt, dass Wärmegewinne und -verluste stark von Standort und Ausrichtung des Gebäudes abhängen. Diese Faktoren machen jedes Passivhaus zu einem individuellen Planungsfall, bei dem Sie von Anfang an die Wechselwirkungen der folgenden Aspekte betrachten sollten:
- Architektur
- Technik
- Ökologie
- Komfort
Ohne aktive Einspeisung von Energie geht es nicht
Was die Wärmeversorgung des Passivhauses angeht, so ist es das oberste Ziel, möglichst wenig zusätzliche Energie zuführen zu müssen. Die Planer legen das Haus also so aus, dass passive Elemente, wie die unten in der Tabelle genannten, die Energieverluste minimieren. Doch Wärmeverluste können nicht komplett vermieden werden und die Wärmeabstrahlung von Elektrogeräten, Menschen und der Sonne reicht unter unseren klimatischen Bedingungen nicht aus. Deshalb geht es nicht ohne Heizung. Diese sorgt schließlich auch für warmes Wasser.
Aktive und passive Komponenten, die die Deckung des Wärmebedarfs im Passivhaus sicherstellen
Aktive Einspeisungen | Passive Elemente |
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Abstrahlung der Körperwärme von Bewohnern und Haustieren
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Überdurchschnittliche gebäudeweite Dämmung
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Wärmeabstrahlung der Haushaltsgeräte
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Luftzirkulationssystem im gesamten Gebäude
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Sonneneinstrahlung
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Hohe Dichtigkeit gegen Luftzug
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Heizung
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Kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
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Architektonische Konstruktionsdetails, unter anderem Ausrichtung und Beschattung
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Zentraler Bestandteil jedes Passivhauses: Die Lüftungsanlage
Moderne Häuser, insbesondere Passivhäuser, sind so gut abgedichtet und gedämmt, dass eine kontrollierte Belüftung des Wohnraums nötig ist. Ohne diese könnte überschüssige Luftfeuchtigkeit nicht nach außen gelangen – generell ließe die Luftqualität zu wünschen übrig.
Diese Lüftungsanlage benötigt ihrerseits Energie, um den Luftstrom aufrechtzuerhalten. Damit möglichst wenig Wärme verloren geht, überträgt ein Gegenstromwärmetauscher in der Lüftungsanlage die Wärme der Abluft auf die Zuluft. Die Lüftungsanlage dient also nicht nur dem kontrollierten Luftaustausch, sondern sie wärmt die Frischluft auch an, wenn die Außentemperatur unter der gewünschten Wohnraumtemperatur liegt. Zudem filtert die Anlage die Frischluft, um sie in möglichst hoher Qualität im Innenraum zur Verfügung zu stellen.
Welche Zusatzheizungen eignen sich für ein Passivhaus?
Doch diese Wärmerückgewinnungsanlagen sowie die Gebäudehülle sorgen dennoch für einen Verlust von Wärme. Daher würde es im Haus allein mit einer Lüftungsanlage im Winter immer kühler werden. Deswegen haben sich verschiedene Lösungen für Zusatzheizungen auf dem Markt etabliert. Die verbreitetste Möglichkeit ist die Kombination der Lüftungsanlage mit einer Wärmepumpe. Die zusätzlich gewonnene Wärme stellt die Lüftungsanlage ebenfalls über das Belüftungssystem im Innenraum zur Verfügung.
Der große Vorteil für Sie als Bauherr: Da ausschließlich Luft als Trägermedium für die Wärmeenergie dient, müssen Sie keine zusätzlichen Rohre im Haus einplanen. Diese Lösung kann aber nur ausreichend Wärme bereitstellen, wenn Ihr Heizwärmebedarf innerhalb der Grenzwerte des Passivhausstandards liegt. Bauherren können dann ein sogenanntes Wärmepumpen-Kompaktgerät einsetzen, in dem Lüftung, Heizung und Warmwasserbereitung integriert sind.
Die wichtigsten Komponenten eines Wärmepumpen-Kompaktgerätes
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Wärmetauscher
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Wärmepumpe
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Warmwasserspeicher
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Heizregister
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Lüftungsanlage
Benötigen Sie viel Wärme, bleiben weitere Optionen. Experten empfehlen alternativ zu Wärmepumpen Biomasseheizungen für Passivhäuser. Wenn es bei Ihnen die entsprechende Infrastruktur gibt, ist auch der Anschluss an das Fern- oder Nahwärmenetz denkbar. Sie können stattdessen auch eine moderne Gasbrennwertheizung einsetzen, jedoch verursacht diese mehr Emissionen und ist damit nicht so zukunftsfähig wie beispielsweise die Wärmepumpe.
Die Berechnungen zur Höhe der Heizlast überlassen Sie am besten einem Fachmann. Der kann auch anhand der vorhandenen Infrastruktur, Ihren Nutzungsgewohnheiten und Vorlieben die am besten geeignete Zusatzheizung für Ihr Passivhaus empfehlen.
Wärmepumpen-Kompaktgeräte
Wenn Sie bei der Wärmepumpe bleiben wollen, können Sie eine solche einsetzen, bei der die Verteilung der Wärme nicht mehr allein über die Lüftungsanlage, sondern auch über eine Fußbodenheizung erfolgt. Die Energie wird entweder dem Erdreich oder der Außenluft entzogen. Die Kosten für die Rohrleitungen fallen in der Regel jedoch deutlich niedriger aus als beim reinen Einsatz einer wasserführenden Zentralheizung. Denn für den Ausgleich des Wärmedefizits in einem Passivhaus reichen wenige, durchdacht platzierte Heizflächen aus. Bei der Installation einer Wärmepumpe können Sie dank staatlicher Förderung für die Wärmepumpe zusätzlich Ihre Investitionskosten senken.
Sparen können Sie auch, indem Sie die Wärmepumpe mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage betreiben. Das Problem hierbei ist bisher noch die zeitliche Spreizung zwischen Energieerzeugung und -bedarf. So entfällt nur rund ein Drittel des Jahresertrags einer PV-Anlage auf die Heizperiode2. Verbesserte Speicher für den Strom könnten den Betrieb der Wärmepumpe in Kombination mit der Photovoltaikanlage aber bald attraktiver machen.
Biomasseheizung
Eine kostengünstige und behagliche Alternative zu Wärmepumpen sind Biomasseheizungen für die Aufstellung im Wohnraum. Hier dienen Stückholz oder Pellets als Brennstoff. Möchten Sie solch ein Gerät als Zusatzheizung für Ihr Passivhaus einsetzen, müssen Sie für eine externe Verbrennungsluftzufuhr sorgen. Einfache Öfen, die die Luft aus dem Raum ansaugen, würden die Belüftung des Passivhauses beeinflussen. Wasserführende Geräte geben einen Teil der Wärmeenergie direkt an den Raum ab und verteilen die restliche Wärme an die angeschlossenen Teile des Hauses.
Ein Ofen für die rein direkte Abgabe der Wärme kann gegebenenfalls ausreichen, wenn das Passivhaus über eine offene Raumaufteilung verfügt. Es geht aber auch ganz unauffällig: Ein Pelletkessel im Heizraum ist vollständig unsichtbar. Weiterhin sprechen die kurzen Aufheizzeiten für diese Lösung.
Gasbrennwertheizung
Eine Gasheizung mit Brennwerttechnik bietet sich an, wenn Sie über einen Gasanschluss verfügen. Denn dann benötigen Sie keine Lagerfläche für den Brennstoffwie bei der Biomasse-Heizung. Mit dem wasserführenden Netz zur Wärmeverteilung verhält es sich wie bei der Wärmepumpe. Wie bei der Biomasse-Heizung sollten Sie hierbei die Kosten für ein Abgassystem in Ihre Kalkulation aufnehmen. Im Hinblick auf den Klimaschutz profitieren Sie beim Kauf einer Gasbrennwertheizung nicht von staatlichen Fördermitteln. Das Heizen mit Gas ist aufgrund der höheren CO2-Bilanz und steigender Preisentwicklung nicht so zukunftsfähig wie das Heizen mit erneuerbaren Energien.
Förderung für Passivhäuser
Ein Passivhaus ist vorteilhaft in Sachen Energieeffizienz. Es steht daher außer Frage, dass ein derartiges Bauvorhaben besonders förderwürdig ist. Schließlich ist die Heizenergie der größte Posten in der Energieverbrauchsbilanz privater Haushalte.
Möchten Sie ein Passivhaus bauen, sollten Sie bedenken, dass die maximale Kreditsumme und die Höhe der Zuschüsse an bestimmte Vorgaben geknüpft sind.
Bei der Auswahl der Zusatzheizung geht es also auch darum, die Grenzwerte für die Energieeffizienz im Auge zu behalten. So kann der Energieträger für die Zusatzheizung durchaus darüber entscheiden, ob und mit welchem Betrag Ihre Investition gefördert wird. Die aktuellen Möglichkeiten haben wir für Sie in unserem Artikel zu den Fördermitteln für die Heizung zusammengefasst.
1 Passivhaus.de: Der Passivhausstandard
2 Solaranlagen Portal: Elektroheizung