Nahwärme: Eine Option für nachhaltiges Heizen?
Wie Sie Ihr Haus heizen ist eine wichtige Entscheidung und gleichzeitig ein schwieriger Spagat zwischen gesetzlichen Anforderungen, bezahlbarer Energie und den Gegebenheiten vor Ort. Nahwärme kann für viele Hausbesitzer eine Option sein. Erfahren Sie hier alles zum Thema Nahwärme, welche Vor- und Nachteile diese Form der Wärmeversorgung hat und für wen sich das System lohnt.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Nahwärme?
Nahwärme ist ein System, das Wärme zentral erzeugt und dann über ein Verteilernetz an einzelne Verbraucher liefert. Im Prinzip funktioniert Nahwärme also genauso wie Strom- oder Wasserwerke – die Wärme wird zentral erzeugt und zu Ihnen geleitet. Wie der Name schon sagt, sind die Distanzen von dem Ort der Erzeugung bis zum Verbraucher eher kurz.
Ein typisches Nahwärmenetz setzt sich aus einer Heizzentrale, einem Rohrsystem und den Abnehmern zusammen. Die Heizzentrale erzeugt die Wärme und das Rohrsystem transportiert das erhitzte Wasser oder den Dampf zu den Abnehmern. Das können Einzelhäuser, Mehrfamilienhäuser, Betriebe oder auch ganze Siedlungen sein. Die Hausbesitzer benötigen dann einen Wärmeübergabepunkt, bzw. einen Wärmetauscher, um die Wärme aus dem Netz in ihr Heizsystem einzuspeisen. Optisch erinnert dieser Übergabepunkt an einen Stromkasten und befindet sich meist im Keller.
Was genau mit “Nah” gemeint ist, ist nicht klar definiert. So kann die Größe und Ausdehnung eines Nahwärmenetzes stark variieren. Während in einer kleinen Siedlung ein kurzes Netzwerk ausreicht, kann es sich in einem Stadtteil oder gar in mehreren Stadtteilen über viele Kilometer erstrecken – und zählt immer noch als “Nahwärme”.
Wie hoch ist die Netztemperatur?
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Das bestimmt der Betreiber und macht es in der Regel vor allem von der Außentemperatur abhängig. Je niedriger die Außentemperatur, desto höher muss die Netztemperatur sein, damit alle Gebäude gut versorgt sind. Je nachdem liegt sie meist zwischen 75 und 96°C.
Was ist der Unterschied von Nahwärme und Fernwärme?
Nahwärme und Fernwärme ähneln sich in der Grundidee der zentralisierten Wärmeerzeugung, unterscheiden sich jedoch – wie der Name schon sagt – in Reichweite und Skalierung. Während Fernwärme über große Entfernungen transportiert wird und oft ganze Stadtteile versorgt, dient die Nahwärme der Versorgung von kleineren Einheiten wie Wohnanlagen oder Quartieren. Fernwärmenetze sind in der Regel komplexer, teurer und erfordern mehr Infrastruktur. Nahwärme ist flexibler, einfacher zu implementieren und eignet sich besonders für den Anschluss an erneuerbare Energien.
Eine offizielle Abgrenzung der beiden Begriffe, was eine “große” Entfernung ist oder wie viele Teilnehmer es maximal geben darf, gibt es allerdings nicht.
Welche Heiztechniken kommen für die Nahwärme infrage?
Verschiedene Heizsysteme eignen sich für die Nahwärmeversorgung. Hier eine Übersicht der wichtigsten Anlagen:
- Blockheizkraftwerke
- Biomasse
- Wärmepumpen
- Solarthermie
- Brennwertkessel
Je nachdem, aus welchem Heizsystem sich die Wärme speist, kann Nahwärme besonders umweltfreundlich sein oder nicht.
Nahwärme mit Blockheizkraftwerken
Blockheizkraftwerke sind sehr populär, weil sie gleichzeitig Strom und Wärme erzeugen. Außerdem spielt es keine Rolle, welchen Witterungsbedingungen die Umgebung ausgeliefert ist, sie arbeitet immer verhältnismäßig effizient. Die Energie kann das Blockheizkraftwerk wahlweise aus Öl, Gas, Pellets oder Wasserstoff beziehen. Nachteil der Blockheizkraftwerke für Nahwärme sind die hohen Kosten für Anschaffung, Installation und Wartung.
Mehr Informationen zu diesem Heizsystem finden Sie in unserem Artikel “Kraft-Wärme-Kopplung”.
Nahwärme mit Biomasse
Biomasse-Heizanlagen nutzen nachwachsende Rohstoffe als Brennstoff und bieten somit – zumindest im Vergleich zu fossilen Brennstoffen – eine umweltfreundliche Option. Die Kritik an der Biomasse: Der Anbau nimmt große landwirtschaftliche Flächen in Anspruch und verbraucht viel Wasser.
Sie möchten mehr über Biomasse und ihre Vor- und Nachteile erfahren? Unser Artikel fasst alles zur Biomasse als Energiequelle zusammen.
Nahwärme mit Wärmepumpen
Wärmepumpen sind mindestens für den Neubau das beliebteste Heizsystem. Der Grund: Wärmepumpen sind besonders effizient und umweltfreundlich, da sie vorhandene Umgebungswärme nutzbar machen. Wie sieht es mit Nahwärme aus? Wärmepumpen funktionieren im Prinzip auch in diesem Fall. Allerdings arbeiten sie nur bei Wärmenetzen mit niedriger Vorlauftemperatur besonders effizient.
Lesen Sie hier alles zur Wärmepumpe.
Nahwärme und Solarthermie
Solarthermie kann ebenfalls als Wärmeerzeuger integriert werden und ergänzt das Energiesystem vor allem in den sonnenreichen Monaten. Solarthermische Großanlagen speisen die Wärme in die Netze ein. Die Kollektoren befinden sich in diesem Fall meist auf großen Flächen oder auch auf Dächern von Gebäuden. Die Art der Wärmeerzeugung ist sehr nachhaltig, weil sie die frei verfügbare Sonnenenergie nutzt, allerdings ist es in der Regel nicht möglich, den kompletten Energiebedarf damit zu decken. Meist müssen Sie andere Heizsysteme hinzuschalten.
Nahwärme und Brennwertkessel
Brennwertkessel können in Nahwärmenetzen ebenso zum Einsatz kommen. Sie verwenden Öl oder Gas als Brennstoff und gelten damit als nicht besonders umweltfreundlich. Moderne Brennwertkessel nutzen allerdings die Kondensationswärme und arbeiten aus diesem Grund sehr effizient. Die Anlagen schaffen es auch hohe Wärmeanforderungen zu decken und kommen deshalb oft vorwiegend zu Spitzenlastzeiten zum Einsatz.
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Vorteile und Nachteile von Nahwärme
In einigen Gebieten kann der Anschluss an ein Nahwärmenetz verpflichtend sein, was die Entscheidung natürlich hinfällig macht. Falls Sie sich frei für ein Heizsystem entscheiden können und auch noch einige Alternativen zur Nahwärme im Kopf haben, sollten Sie sich mit den Vor- und Nachteilen von Nahwärme beschäftigen.
Die Vorteile von Nahwärme
Nahwärme bietet eine Reihe attraktiver Vorteile. So entfallen die Kosten für den individuellen Brennstoffanschluss oder Gasanschluss, da die Nahwärme Energie zentral erzeugt. Gleichzeitig ist auch weniger Platz im Haus nötig, den Sie bei einer individuellen Versorgung in jedem Fall für die Anlage einplanen müssten.
Auch das Risiko schwankender Brennstoffpreise fällt geringer aus: Sie zahlen in der Regel einen festen Tarif für die Wärmeversorgung. Weiterhin profitieren Sie von der hohen Effizienz des zentralen Wärmeerzeugers, der durch den konstanten Bedarf an Wärme im Netz eine gleichbleibende Leistung sicherstellen muss.
Je nach eingesetzter Energie, kann das System auch verhältnismäßig umweltfreundlich sein: Wärmepumpen, Biomasse oder Solarthermie sind Lösungen, aus der sich Nahwärmenetze speisen können. Da das Heizsystem bzw. die Energiequelle bei Nahwärme nicht festgelegt ist, kann sich die Anlage bei veränderten Rahmenbedingungen neu aufstellen, z. B. indem es auf eine andere Wärmequelle umsteigt.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Abwärme aus industriellen Prozessen oder anderen Quellen ins Netz einzuspeisen, was die Effizienz weiter erhöht.
Nicht zu vergessen sind die geteilten Kosten: Anschaffung, Installation und Wartung des Systems werden auf alle Nutzer verteilt, was die individuelle finanzielle Belastung minimieren kann.
Die Nachteile von Nahwärme
Den Vorteilen stehen einige Nachteile gegenüber, die sich Hausbesitzer und Verbraucher anschauen müssen. Die Anschlusskosten können sehr hoch sein, da Sie für Nahwärme nicht nur die Wärmeleitung zum Haus, sondern auch die Übergabestation installieren müssen. Damit hat sich der Vorteil, dass Sie sich die Installations- und Anschlusskosten für ein “eigenes” Heizsystem sparen, aufgehoben – vor allem, wenn Sie schon ein Heizsystem haben, das Sie für den Bezug von Nahwärme anpassen müssen. Die Anschlusskosten bei Nahwärme variieren aber je nachdem, wie die Bevölkerungsdichte bei Ihnen vor Ort ist.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Abhängigkeit: Zum einen von dem Anbieter der Nahwärme, aber auch von der genutzten Energiequelle und eventuell sogar von einer festgelegten Abnahmemenge. Sie könnten an langfristige Verträge gebunden sein und in Zukunft eine flexible Wahl alternativer Heizoptionen beschränken.
Schließlich kommt es in der Regel auch zu Wärmeverlusten auf dem Weg der zentralen Anlage bis zu den Verbrauchern. Diese Verluste variieren je nach Dämmung, Entfernung und Außentemperatur. Der Anbieter berücksichtigt das meist in der Preisgestaltung, mögliche Vorteile der Effizienz und Nachhaltigkeit gehen jedoch unabhängig davon verloren.
Alternativen und individuelle Beratung
Insgesamt bietet Nahwärme eine effiziente und ökologisch sinnvolle Heizoption, bringt jedoch auch finanzielle und vertragliche Verpflichtungen mit sich, die Sie sorgfältig prüfen sollten. Lassen Sie sich am besten von einem Heizungsbauer beraten, da die Entscheidung von vielen Faktoren abhängt und extrem individuell ist.
Vor- und Nachteile von Nahwärme im Überblick
Pro
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- Kosten für Brennstoff/Gasanschluss etc. fallen weg
- Weniger Abhängigkeit von schwankenden Brennstoffpreise
- Hohe Effizienz des zentralen Wärmeerzeugers
- Wärmegewinnung durch Abwärme im Netz möglich
- Anschaffungs-, Installations- und Wartungskosten werden geteilt
Contra
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- Hohe Anschlusskosten: Verlegung der Wärmeleitung, Übergabestation und Entfernungspauschale
- Gebunden an Anbieter, Wärmequelle und Abnahmemenge
- Wärmeverluste auf dem Weg zu den Verbrauchern
Fazit: Für wen lohnt sich Nahwärme?
Nahwärme bietet grundsätzlich sowohl für Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern als auch für Wohnungen Vorteile. Ob sich Nahwärme aber in Ihrem speziellen Fall lohnt oder nicht, kommt stark auf die verwendete Energie im Netz und die Bedingungen vor Ort an. Oft arbeiten die Netze noch mit fossilen Brennstoffen, wodurch Sie als Endverbraucher abhängig von der Lieferung und Situation am Markt sind.
Eine Monoblock Wärmepumpe ist in vielen Fällen eine sinnvolle, umweltfreundliche Alternative: Sie nimmt wenig Platz im Heizungskeller ein, gleichzeitig ist das System unabhängiger und oft emissionsärmer, zumindest wenn das Nahwärmenetz mit Verbrennungsmethoden arbeitet, die nicht vollständig emissionsfrei sind.